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Zeit das Pferd zu wechseln, oder den Berufsverband? Brauchen wir unterschiedliche Berufsverbände? JA!

In den vergangenen 2 Jahren haben uns die Berufsverbände dbl und dbs wissen lassen, dass unsere Vergütung für eine Therapie von 45 Minuten mindestens 85 Euro betragen sollte. Dazu hatten sie eigens Gutachten erstellen lassen. 85 Euro hätten den Solo – Selbstständigen unter uns vielleicht etwas die Angst vor der Altersarmut genommen. Und bei den Angestellten wäre damit eine Bezahlung nach TVöD möglich geworden. So wie sie für Logopäden schon jetzt in Kliniken üblich ist. Nicht umsonst klagen die Logo – Praxen in Deutschland seit Jahren über Bewerbermangel. Denn ein Durchschnittseinkommen von 2.600 Euro läßt Kolleginnen in andere Berufe abwandern, und verhindert, dass sich junge Leute für den Beruf interessieren.

In den jüngsten Verhandlungen um neue Vergütungspreise, kurz vor Jahresende, wollten sie sich die Verbände jedoch plötzlich mit einer Vergütung von 61,05 € zufrieden geben. Das diese Verträge dann nicht unterschrieben wurden lag am Veto eines weiteren Berufsverbandes. Somit wurde dann das gesetzlich vorgesehene Schiedsverfahren anberaumt.

Anstatt nun jedoch mit den durch Gutachten angekündigten 85 € in das Verfahren einzusteigen, kündigte der dbl öffentlich an, sich notfalls auf Seiten der Kassen für die zuvor verhandelten 61,05 € einzusetzen. Damit spielten Sie dem Schiedsgremium natürlich Argumente in die Hände, der Schiedsspruch fiel entsprechend aus.

Besser als nichts werden manche sagen. Ja, aber ein Blick über den Tellerrand hinaus hilft vielleicht bei der Frage nach der Angemessenheit dieser Vergütung. Handwerksbetriebe im Baugewerbe werden regelmäßig für Stundenlöhne zwischen 55 und 60 € tätig. KFZ Betriebe fordern jedoch schon zwischen 90 und 140 € pro Stunde.

Der VDLS hatte 2019 in seinem Schiedsverfahren mit den Primärkassen 115 € gefordert. Grundlage für diese Forderung war das Zugeständnis einiger Krankenkassen, dass die Vergütung von Logopäden nach TVöD angemessen ist. Aus den in der Branche üblichen Kosten und möglichen Gewinnen lässt sich in einem einfachen Dreisatz schnell die angemessene Vergütung errechnen. Warum dies den Verbänden dbl und dbs in ihrem Schiedsverfahren nicht gelang bleibt ein Rätsel.

Wirklich übel wird es jedoch, wenn man sich darüber bewusst wird, dass nun nicht nur die Preise für 2021 festgelegt wurden. Auch für die Jahr 2022 und 2023 ist alles entschieden. Während in unserem Lande jedes Jahr alles teuerer wird, insbesondere die Mieten, gleichen die zukünftigen Erhöhungen nur in etwa die Inflation aus. Von einer wirklichen Erhöhung kann also keine Rede sein.

Die alt eingesessenen Berufsverbände dbl und dbs haben es bereits in den vergangenen 2 Jahrzehnten geschafft, mit Minierhöhungen und Nullrunden die Vergütungen so mit den Kassen zu verhandeln, sodass die Logopädinnen und Logopäden in Deutschland inzwischen zu den am schlechtesten vergüteten Berufen gehören.

Es ist nun an der Zeit, dass sich alle Kolleginnen und Kollegen die Frage stellen, wem sie die Gestaltung ihrer Zukunft überlassen wollen. Der hier und da gehörte Ruf nach Einigkeit gehört in den Bereich der Romantik eingeordnet. Und hat nichts zu tun mit der berufspolitischen Realität. Auf der einen Seite gibt es die großen Verbände mit einem Wasserkopf an Administration, denen es nur wichtig erscheint, wie sie die Gehälter ihrer Angestellten auftreiben. Die 6 – stellige Beträge für Fachzeitschriften oder Kongresse ausgeben. Aber kein Geld für Schiedsverfahren ausgeben wollen.

Auf der anderen Seite sind die Verbände, deren Initiatoren auch einmal Mitglied im dbl waren. Die dann aber für sich erkannt haben, dass man die Dinge anders handhaben muss, um sich eine bessere berufliche Zukunft zu sichern. So konnte der VDLS erreichen, dass zunächst in NRW die Schulgelder subventioniert wurden, inzwischen in nahezu jedem Bundesland. Wir haben unser Recht auf den sektoralen Heilpraktiker für Logopädie erstritten. Wir waren an der bundesweiten Angleichung der Einkommen in 2019 beteiligt. Und wir fürhen ständig musterhafte Prozesse. So z.B. um die Fragen, ob die Kassen kurzfristige Absagen vergüten muss. Oder ob es rechtens ist, wenn die Kasse absetzt, wenn ein Angehöriger oder Pfleger in dem Fall Behandlungen quittiert, falls der Patient dazu nicht in der Lage ist.

Es ist nun wirklich an der Zeit sich zu entscheiden, wen man mit seinen Mitgliedsbeiträgen unterstützt. Denn solange der dbl und dbs behaupten können die meisten Mitglieder zu vereinen wird es für jeden anderen Verband schwer, gegenüber der Politik glaubhaft zu machen, wie unzufrieden wir wirklich sind.

Ja, es gibt sie auch. Die zufriedenen Praxisinhaber. Wer es geschafft hat durch Fleiß und Glück sich eine mittlere oder gar größere Praxis aufzubauen, dem geht es auch schon jetzt nicht ganz schlecht.

Die durchschnittliche Praxis in Deutschland ist jedoch nur mit 1,3 Logopädinnen besetzt. Und diese Praxen haben es sehr schwer, mit derart niedrigen Kassenvergütungen zurecht zu kommen. Und wie bereits erwähnt, die bisherigen Vergütungen haben dazu geführt, dass eine angestellte Logopädin im Bundesdurchschnitt nur ein Bruttoeinkommen von lediglich 2.600 € Brutto hat.

Wer jetzt noch nach Einigkeit unter den Berufsverbänden ruft, der kann unmöglich diese Zeilen gelesen haben. Hört auf zu träumen. Helft mit Eure Zukunft zu gestalten!

Foto:Business photo created by katemangostar – www.freepik.com

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