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In diesem Jahr wird es keine Einkommenssteigerung geben

Nullrunde für Logopäden

Und es ist auch sehr ungewiss, wann es wieder Preiserhöhungen geben wird. Während andere Berufsgruppen in diesem Jahr und auch vorher Einkommenserhöhungen von 10 % und mehr verzeichnen konnten, gehen die Angehörigen der Logopädie leer aus.
Von vielen unbemerkt steht unsere Berufsgruppe vor einer bisher nie bekannten und katastrophalen Situation, die düsterer nicht sein könnte.

Zunächst die Fakten und Gründe:

Berufsverband der Schlaffhorst Andersen Therapeuten (dba) verpasst die fristgerechte Kündigung der Preisvereinbarungen.

Jede Wette, dass haben Ihnen die Berufsverbände nicht mitgeteilt:

Ein Verband blockiert Preisverhandlungen weil er versäumte, die derzeitigen Preisvereinbarungen zu kündigen.

Der bisher von den Krankenkassen und dem Gesundheitsministerium gern gesehene Miniverband (deutlich weniger als 200 Mitglieder) ist schon in der Vergangenheit dadurch aufgefallen, dass man sich bezüglich der Vergütung von Logopäden an den Vorschlägen der Krankenkassen orientiert. So wie auch die anderen als maßgeblich bezeichneten Verbände dbl und dbs. Dies ging sogar soweit, dass die 3 genannten Berufsverbände in Vergütungsverhandlungen stets geschlossen als Einheit auftraten. Im Schulterschluss mit den Krankenkassen. Und sehr zum Nachteil für die Einkommensentwicklung der Logopäden.
Da die derzeitigen Verträge, die zwischen den Kassen und den Berufsverbänden geschlossen wurden, die Kündigung aller Berufsverbände bis auf den VDLS vorsehen, wird es bis auf unbestimmte Zeit keine neuen Verhandlungen über Preise geben. Weil eben der Verband dba die Kündigung der Preisvereinbarungen verpasst hat. Und die Krankenkassen haben Verhandlungen über neue Preise abgelehnt, weil laut Vertrag alle „maßgeblichen“ Verbände kündigen müssen, um den Weg für Verhandlungen frei zu machen. Und da der dba nicht gekündigt hat, gelten die bisherigen und bekannten Preise einfach weiter. So lange, bis dieser dann auch mal die bestehenden Preisvereinbarungen kündigt.
Das ist eine bisher nie dagewesene Situation. Rechtlich gesehen befinden sich die Berufsverbände in einem luftleeren Raum. Denn für einen solchen Zustand gibt es keine Regelung. Es wird mindestens 1 Jahr dauern, bis wieder Preisverhandlungen möglich sind.
Selbst schuld, sollte man sagen. Denn diese Berufsverbände haben einem Rahmenvertrag zugestimmt, der den von der Politik und den Kassen gewollten Gedanken trägt, dass alle Verbände sich einig sind. Sind sie natürlich nicht. Und sollten sie auch nicht. Denn das wäre so wie eine Einheitspartei in einer Diktatur.
Zumindest der VDLS hatte Vorstellungen von deutlich besseren Vergütungen. Und wurde deswegen seit Inkrafttreten des Terminservice- und Versorgungsgesetzes in 2019 einfach vom Spitzenverband der Krankenkassen von den Verhandlungen ausgeschlossen. Das von den Kassen selbst gewählte Argument war eine 5% Hürde, die ein Berufsverband an Mitgliedern repräsentieren müsse, um an Verhandlungen teilzunehmen. Dabei war es den Kassen auch egal, dass der dba deutlich unter 200 Mitgliedern hatte, und auch Logo Deutschland zu diesem Zeitpunkt nur etwa 300, während der VDLS damals schon über 600 Mitglieder zählte. Dass diese 5% Hürde weder im Gesetz verankert ist, noch eine Vorgabe der Gesundheitspolitik ist, ist den Kassen egal. Vielmehr ist es ihre erfundene Regel, die von der Politik und den Gerichten toleriert wird.
Insbesondere die Angestellten Logopäden werden von den Kassen und der Politik in keinster Weise berücksichtigt. Es zählen nur die Selbstständigen.
Die Beschwerde des VDLS zu diesen Umständen gegenüber dem Gesundheitsminister wurde ignoriert. Auch der Umstand, dass der VDLS als Berufsverband Vertragspartner von mehr als 50% der Kassen in Deutschland war. Und 2 erfolgreiche Schiedsverfahren geführt hatte, die jedoch von der neuen Gesetzgebung (TSVG) überholt wurden.
Der Ausschluss des VDLS durch die Kassen, gegen den dieser schon seit Jahren vor dem Berliner Sozialgericht klagt, führte in der Folge leider zu einem deutlichen Mitgliederschwund bei den selbstständigen Mitgliedern. Jedoch verzeichnet der VDLS immer noch deutlich mehr Mitglieder als der dba, bei dem die Angaben zwischen 120 und 160 Mitgliedern liegen.

Die Einigkeit der „alten“ Berufsverbände ist vorbei.

Nachdem der dba zukünftige Vertragsverhandlungen durch die unterlassene Kündigung unmöglich gemacht hat, wollen die anderen Berufsverbände den dba am liebsten „loswerden“. Plötzlich soll er nun doch nicht maßgeblich sein. Woher der Sinneswandel? Ganz einfach. Wenn der dba nun doch nicht maßgeblich wäre, dann wäre seine Kündigung der Verträge auch nicht erforderlich, um neue Preise verhandeln zu können. Da ja nur die maßgeblichen Verbände Verträge schließen und kündigen können, wäre der dba für die Verträge nicht existent.
Denn durch die unterbliebene Kündigung bestehen die alten Preise weiter. Klar dass den Kassen viel an der „Maßgeblichkeit“ des dba liegt. So zumindest der Vortrag der Kassen vor dem Berliner Sozialgericht in einem Verfahren, indem unter anderem die Maßgeblichkeit des dba Thema ist. Und das Gericht scheint sehr geneigt, die Maßgeblichkeit des dba zu bestätigen.

Gleiches Recht für alle?

Ganz sicher nicht. Denn das gleiche Gericht, dass den deutlich kleineren Verband dba in seiner Maßgeblichkeit bestätigen möchte, will sie dem deutlich größeren VDLS vermutlich aberkennen.

Fazit

Bis zur Gesetzesänderung durch das TSVG unter Minister Spahn in 2019 konnte im Prinzip jeder Heilmittelerbringer selbst mit den jeweiligen Kassen verhandeln. Auch wenn das so gut wie nie genutzt wurde, konnte jeder selbst für seine Rechte eintreten. Obwohl es schon damals nicht leicht war, nutzte der VDLS die Möglichkeiten der Rechtslage, und zwang als erster Berufsverband die Ersatzkassen in ein Schiedsverfahren, als man sich nicht über die Vergütung einigen konnte. Es war das erste Schiedsverfahren der Ersatzkassen mit einem Verband der Heilmittelerbringer überhaupt. Bis dahin konnten sich die Ersatzkassen immer mit ihren Vorstellungen durchsetzen.
Der Schiedsspruch, der dann erging, fiel einerseits zu unseren Gunsten aus, weil der Schiedsmann die Höhe der vom VDLS geforderten Vergütung als gerechtfertigt ansah. Jedoch begrenzte er den Schiedsspruch auf das, was die Ersatzkassen bisher mit den anderen Verbänden vereinbart hatte.
Gegen diese Entscheidung wäre der VDLS gerichtlich vorgegangen und hätte vermutlich auch gesiegt. Das TSVG sorgte jedoch für eine völlig andere Rechtslage, mit der wir es auch jetzt noch zu tun haben.
Man stellt es seitens der Politik so dar, als würden Verbände der Kassen und Logopäden auf Augenhöhe miteinander verhandeln. In den Augen der Politik haben wir es uns daher selbst zuzuschreiben, wenn die Ergebnisse der Verhandlungen nicht besser sind als bekannt. Und wenn es einmal eng wird, wie im Falle der Physiotherapeuten, denen über 14 % Preissteigerungen durch ein Schiedsgericht zugesprochen wurden, dann erkennen das die Kassen nicht an, und klagen einfach vor einem Sozialgericht gegen die Entscheidung.
Der Ausgang diesbezüglich ist ungewiss. Aber schon die Prozesskosten sind derart hoch, dass die meisten Berufsverbände finanziell ins Schleudern geraten werden.
Und hat man es mit einem für die Kassen unangenehmen fordernden Berufsverband zu tun, dann boykottiert man diesen einfach. Klagen fast zwecklos. Denn das vom VDLS angestrengte Verfahren geht nun schon in das 4. Jahr.
Das Ergebnis all dieser Vorgänge sind leere Ausbildungseinrichtungen. In einer wohl bekannten Fachschule haben 70% der Logopädieschüler hingeschmissen. In einer im Süden gelegenen Fachschule stehen derzeit nur noch 2 Absolventen vor den Prüfungen.
Man darf nicht glauben, dass die Misswirtschaft der älteren Berufsverbände, das blockierende Verhalten der Krankenkassen, sowie das Wegschauen der Politik keinen Einfluss auf die rapide schwindende Anzahl der Logopäden hat. Selbst Berufseinsteiger sehen, dass die zukünftigen Einkommen anderer Berufsgruppen seit Corona um nahezu 10% pro Jahr gestiegen sind. In der Logopädie waren es rund 6% in 3 Jahren und vermutlich Null in den kommenden beiden Jahren. Wer kann sich da wundern, dass nur wenige den Beruf des Logopäden ergreifen oder ausüben wollen?
Kann Deutschland es sich leisten, auf Sprach-und Sprechtherapeuten zu verzichten? Die Antwort finden Sie in den Pisa Studien!
Zugegeben, der VDLS kann seit der Aberkennung der Maßgeblichkeit nicht direkt mit den Kassen verhandeln. So wie es aussieht können dass die maßgeblichen Verbände aber nun auch nicht mehr. Weil sie rechtlich ausmanövriert wurden.
Wir empfehlen daher der Berufsgruppe der Logopäden sich nicht mehr durch Berufsverbände vertreten zu lassen, die sich derart dilettantisch verhalten, wenn es um die Einkünfte und Zukunft von angestellten und selbstständigen Logopäden geht. Der VDLS war schon einmal in der Lage, die bestehende Rechtslage zum Wohle der Logopäden auszunutzen. In dem er die Ersatzkassen innerhalb weniger Monate in Verträge und Schiedsverfahren zwang.
Wir denken dass die Rechte aller Deutschen, über Arbeitsbedingungen und Arbeitslohn zu verhandeln, im Grundgesetz verankert sind. Logopäden dürfen davon nicht ausgeschlossen sein. Im Moment sind sie es jedoch.

Artikel „Nullrunde für Logopäden“ als PDF zum download

Foto: Image by standret on Freepik

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