Als Antwort auf den Abbau der überbordenden Bürokratie serviert uns die Politik gleich zwei kleine Hürden im alltäglichen Kampf mit dem System. Die Elektronische Patientenakte ist schon seit langem ein noch unsichtbarer Geist, der uns alle jedoch schon mal aufschreckt im Sinne von „Was muss ich noch dringend erledigen?“. Nun, im Moment rein nichts. Und ja, es gibt schon Modellregionen, in denen die Patientenakte modellhaft eingesetzt wird.

Logopädie am Existenzminimum – Ein Beruf ohne Zukunft?
Logopädinnen und Logopäden stehen in der Einkommensstatistik weit unten. Das Bruttoeinkommen von angestellten Logopädinnen liegt bei etwa 3.100 €, während Selbstständige durchschnittlich 3.611 € brutto verdienen. Doch diese Zahlen trügen: Selbstständige müssen die Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 40,4 % vollständig selbst tragen, während sich bei Angestellten der Arbeitgeber zur Hälfte beteiligt.
Das Nettoeinkommen beträgt für Angestellte daher rund 2.067 €, für Selbstständige jedoch nur 1.596 €. Zum Vergleich: Das Durchschnittsgehalt in Deutschland lag zuletzt bei 4.323 € brutto (ca. 2.702 € netto).
Hoher Arbeitsaufwand, niedrige Vergütung
In Vollzeit werden jährlich rund 1.600 Therapien à 45 Minuten durchgeführt – das entspricht etwa 40 Therapien pro Woche. Nach Abzug von Urlaub, Krankheit und Fortbildungen kann eine Praxis mit den Krankenkassen maximal 112.000 € pro Jahr abrechnen, unabhängig davon, ob eine angestellte oder selbstständige Logopädin die Therapien durchführt.
Trotz mehrfacher Anpassungen der Kassenvergütungen bleibt die Bezahlung prekär. Das Wissenschaftliche Institut der AOK berichtet, dass im Jahr 2023 Therapien im Wert von 1,3 Milliarden € von etwa 10.500 zugelassenen logopädischen Praxen abgerechnet wurden. Das bedeutet, dass der durchschnittliche Umsatz pro Praxis bei 123.809 € lag – nur wenig mehr als das, was eine einzelne Logopädin erwirtschaftet.
Kaum rentable Selbstständigkeit
Nach Abzug aller Kosten bleibt einer selbstständigen Logopädin durchschnittlich ein Gewinn von 35 % des Umsatzes, also 43.333 € brutto pro Jahr. Das entspricht 3.611 € brutto pro Monat, wovon nach Sozialabgaben und Steuern lediglich 1.596 € netto übrig bleiben. Ein Einkommen, das kaum für den Lebensunterhalt reicht – geschweige denn für Rücklagen oder Investitionen.
Viele Selbstständige hoffen, ihre Situation durch das Einstellen von Mitarbeiterinnen zu verbessern. Doch Personal ist schwer zu finden. Die Ausbildung zum Logopäden ist nach wie vor mit hohen Kosten verbunden, ohne Ausbildungsvergütung, und die Zahl der Auszubildenden bricht drastisch ein. Dies führt dazu, dass viele Ausbildungsstätten schließen müssen.
Angestellte Logopäden: Niedriglohn trotz Fachwissen
Die Anstellung von Logopädinnen bringt weitere finanzielle Herausforderungen mit sich. Der Umsatz pro Mitarbeiterin beträgt ebenfalls 123.809 € pro Jahr. Bisher galt als Faustregel, dass ein Drittel der Kassenvergütung für das Gehalt der Angestellten verwendet werden kann – das entspräche 40.856 € brutto jährlich oder 3.404 € monatlich. Doch hier sind die Lohnnebenkosten noch nicht eingerechnet.
Tatsächlich kostet eine angestellte Logopädin durch Sozialabgaben und Arbeitgeberanteile 53.114 € pro Jahr (ca. 4.426 € pro Monat). Ein Betrag, der für viele kleine Praxen nicht tragbar ist.
Fazit: Ein Beruf ohne Zukunft?
Die wirtschaftliche Situation der Logopädie ist alarmierend. Selbstständigkeit lohnt sich kaum, Angestellte werden unterdurchschnittlich bezahlt, und Nachwuchs bleibt aus. Während Ärzte, Apotheken und Kliniken pauschale Vergütungen für das Vorhalten ihrer Leistungen erhalten, werden Logopädinnen ausschließlich pro durchgeführter Therapieeinheit bezahlt – ohne Vergütung für Praxisbetrieb oder Leerlaufzeiten.
Der Artikel fordert daher eine grundlegende Reform:
• Eine Mindestvergütung von 3.900 € brutto für Logopädinnen in Vollzeit, um dem Beruf eine Zukunft zu geben.
• Eine neue Gesetzgebung, die statt endloser Verhandlungen zwischen Krankenkassen und Berufsverbänden endlich für eine angemessene Vergütung sorgt.
Die offizielle Zahl von 10.500 logopädischen Praxen wird zudem bezweifelt. Recherchen von Listflix zeigen nur 5.522 auffindbare Praxen. Selbst wenn die tatsächliche Zahl dazwischen liegt, ist der Rückgang alarmierend.
Ohne politische Intervention droht ein massiver Versorgungsengpass. Die Zeit zum Handeln ist jetzt.